Glossar zu Begriffen geschlechtlicher und sexueller Vielfalt

Das komplette Glossar mit Stand vom 18.08.2022 gibt es als PDF-Dokument hier zum Download!

Die hier besprochenen Begriffe sind – wie die Gefühle, Lebensweisen, Praktiken und politischen Diskurse, aus denen sie entstanden sind – im Fluss und oft auch umkämpft und mit diskriminierenden und verletzenden Erfahrungen aufgeladen. Ein Glossar kann dieser Tatsache nur begrenzt gerecht werden, daher lohnen sich weitere Recherchen zu jedem der besprochenen Begriffe und den dahinter liegenden Debatten.

Dieses Glossar wurde von Katharina Debus und Vivien Laumann erarbeitet und wird seit dem Projektende 2019, so weit ohne Finanzierung möglich, gelegentlich weiter von Katharina Debus gepflegt. 

agender: Menschen, die sich mit keinem Geschlecht identifizieren, die zum Beispiel Geschlecht als für die eigene Identität irrelevant begreifen bzw. bei denen es Dysphorie erzeugt, egal welchem Geschlecht zugeordnet zu werden. Agender wird oft dem Überbegriff nicht-binär zugeordnet, wobei in den letzten Jahren zunehmend eine eigenständige Nennung gefordert bzw. praktiziert wird.

Allosexismus: Die Privilegierung von Menschen, die in einem für ihren Kontext mindestens als durchschnittlich geltendem Maße andere sexuell begehren (vgl. allosexuell, z-sexuell). Die Diskriminierung von asexuellen, demisexuellen und graysexuellen Menschen.

allosexuell/alloromantisch: Menschen, die andere Menschen in einem Maße sexuell begehren (allosexuell) bzw. romantische Anziehung zu ihnen entwickeln (alloromantisch), das mindestens als durchschnittlich in der jeweiligen Gesellschaft gilt. Neuere Alternativen sind die Bezeichnungen z-sexuell/zsexuell/z-romantisch/zromantisch. Vgl. auch asexuell, amouröse Orientierung, amouröse Vielfalt, aromantisch, demisexuell/demiromantisch, graysexuell/grayromantisch und sexuelle Orientierung.

Amatonormativität: Die Norm, sich in einem mindestens gesellschaftlich als durchschnittlich geltenden Maße zu verlieben und romantische Beziehungen zu führen oder zumindest anzustreben.

amouröse Orientierung (üblicher: romantische Orientierung)drückt aus, auf welches Geschlecht bzw. welche Geschlechter sich Verliebtheits-, Liebes- und Romantikgefühle richten (z.B. heteroromantisch, homoromantisch, biromantisch, panromantisch etc.) oder auch, dass kein amouröses/romantisches Begehren vorhanden ist (aromantisch). Dieser Begriff ist als Ergänzung zum Begriff der sexuellen Orientierung gemeint, um entlang des Split Attraction Model Fragen von Verlieben und Bindung differenziert von sexuellem Begehren thematisieren zu können, ohne asexuelle Menschen auszuschließenund um allen eine differenziertere Betrachtung des Verhältnisses von sexueller zu romantischer/amouröser Orientierung zu ermöglichen.

amouröse Vielfalt:

drückt aus, dass sich Verlieben, Liebe und Romantik auf verschiedene Geschlechter richten können (z.B. homoromantisch, biromantisch, heteroromantisch etc.). Des Weiteren können je nach Kontext folgende Aspekte unter amouröse Vielfalt gefasst werden: sich verlieben oder sich nicht verlieben (vgl. alloromantisch, aromantisch, demiromantisch, grayromantisch, z-romantisch), amouröse Bindungen eingehen oder keine amourösen Bindungen eingehen, amouröse Bindungen mit einer oder mit mehreren Personen eingehen (vgl. Monogamie, serielle Monogamie, offene Beziehung, Polyamorie) und weitere Präferenzen und Praxen, die mit Liebe bzw. Verlieben verbunden sind. 

Vgl. ausführlicher: Debus, Katharina/Laumann, Vivien (2018): LSB-was? Geschlechtliche, amouröse und sexuelle Vielfalt – Einführung und Spannungsfelder. In: Dies. (Hrsg.): Pädagogik geschlechtlicher, amouröser und sexueller Vielfalt. Zwischen Sensibilisierung und Empowerment. Berlin: Dissens – Institut für Bildung und Forschung. S. 12-70. https://interventionen.dissens.de/materialien/handreichung.

Grafik zu geschlechtlicher, amouröser und sexueller Vielfalt unter https://katharina-debus.de/material/grafiken/geschlechtliche-amouroese-und-sexuelle-vielfalt/.

androromantisch: sich romantisch zu Männern hingezogen fühlen – unabhängig vom eigenen Geschlecht. Vgl. auch gynoromantisch.

Androzentrismus, androzentrisch (von griechisch andras = der Mann): Gesellschaftsform, die Männer und das, was als männlich definiert wird, ins Zentrum stellt und beispielsweise in Bezug auf beruflichen Erfolg, den Zugang zu Macht und Status oder wirtschaftlicher Unabhängigkeit sowie Respekt und Ernstgenommen-Werden privilegiert. Dies gilt nicht nur für Personen (Männern), sondern auch für Eigenschaften, Tätigkeiten, Kompetenzen etc., z.B. die Privilegierung von Durchsetzungsfähigkeit, Autonomie, technischen Berufen, Literatur, blau als normaler Farbe versus die Geringerschätzung im Zugang zu gesellschaftlicher Macht und Ressourcen von z.B. Harmonie, Bindungsorientierung, Fürsorgetätigkeiten, ‚Frauen-Literatur‘, rosa als verbesonderter und potenziell peinlicher Mädchen-Farbe etc.

aromantisch/aro: Menschen, die keine romantische Anziehung zu anderen Menschen empfinden. Vgl. auch alloromantisch, amouröse Orientierung, amouröse Vielfalt, demiromantisch, grayromantisch. Weitere Infos unter: http://asexyqueer.blogsport.de/ueber-asexualiaet/ und unter https://aktivista.net/.

asexuell/ace/asexy: Menschen, die kein sexuelles Begehren für andere haben bzw. keinen Sex mit anderen wollen. Asexuelle Menschen können aromantisch sein oder romantische Bindungen leben bzw. sie sich wünschen. Hierfür werden Begriffe wie heteroromantisch, homoromantisch, biromantisch, panromantisch, queerromantisch und viele weitere verwendet, je nachdem, welche Geschlechter die Personen haben, mit denen Bindungen gelebt werden. Manche asexuellen Menschen haben Solo-Sex (also Sex mit sich selbst), manche haben gar kein sexuelles Begehren. Manche asexuellen Menschen haben keinen Sex, andere haben Sex z.B. mit einer*einem Partner*in, der*dem sie etwas Gutes tun oder den*die sie nicht enttäuschen wollen, um Kinder zu bekommen oder weil sie Sex-Arbeit machen. Es geht hier also nicht um sexuelle Praxis, Zölibat, keinen Sex vor der Ehe oder Ähnliches, sondern um die Abwesenheit sexuellen Begehrens für Andere. Vgl. auch allosexuell/alloromantisch, amouröse Orientierung, amouröse Vielfalt, aromantisch, demisexuell/demiromantisch, graysexuell/grayromantisch und sexuelle Orientierung. Weitere Infos unter: http://asexyqueer.blogsport.de/ueber-asexualiaet/ und unter https://aktivista.net/.

BDSM:

Abkürzung für Bondage, Dominanz und Submission, Sadismus und Masochismus. Auch: Kink, Adjektiv: kinky.

  • Bondage: konsensuelle Praktiken mit Restriktion bzw. Fesseln.
  • Dominanz und Submission (auch: Dominanz und Unterwerfung bzw. Devotheit oder D/S bzw. D/s): konsensuelle Praktiken mit Machtgefällen.
  • Sadismus und Masochismus (kurz: SM): konsensuelle Praktiken mit (Lust-)Schmerz:
    • Sadismus: (Lust-)Schmerz zufügen.
    • Masochismus: (Lust-)Schmerz empfangen.
  • Zum Teil wird auch SM als Überbegriff für alles verwendet, was hier als BDSM oder Kink bezeichnet wird. Dies geht auf die historischen Pathologisierung all dieser Praktiken als Sadomasochismus zurück (unter Bezug auf die Texte des Marquis de Sade und von Leopold von Sacher-Masoch). Insbesondere bei älteren Generationen der Communities sind die Begriffe Sadomasochismus und SM als Überbegriff weiterhin üblich, während vor allem Teile der etwas jüngeren Generationen einerseits den pathologisierenden Kontext des Begriffs Sadomasochismus ablehnen. Die Aufteilung in B, D/s und SM soll die Vielfältigkeit innerhalb des Spektrums betonen, unter anderem dass eine Person nicht gleichzeitig auf Bondage, D/S und SM stehen muss, sondern dass es hier differenziert herauszufinden gilt, wer was mag und unter welchen Umständen etc.

Nicht im Buchstabenkürzel BDSM enthalten, aber darin oft mitgemeint und in den Begriffen Kink/kinky beinhaltet, sind auch:

  • Fetischismus: meint meist die Erotisierung/Sexualisierung bestimmter Materialien wie z.B. Latex, Leder oder Nylon oder auch bestimmter Körperteile, z.B. Füße. (Wir beziehen uns hier auf den Sprachgebrauch innerhalb der Communities, nicht auf klinische Pathologisierungen.)
  • Petplay: Rollenspiele, bei denen sich mindestens eine Person die Rolle eines Tiers annimmt, sehr häufig Hunde oder Pferde (ponyplay), aber auch Katzen, Füchse etc.
  • Age Play: Rollenspiele, bei denen mindestens eine Person die Rolle einer Person eines anderes Alters spielt, meist mit mindestens einer Person in einer Kinder-/Jugend- und einer in einer Erwachsenenrolle.
  • Gender Play: Rollenspiele, bei denen mindestens eine Person mit Geschlecht und Geschlechterrollen spielt (nicht zu verwechseln mit Transgeschlechtlichkeit, wo es um eine grundsätzliche geschlechtliche Identifizierung und nicht um Rollenspiele geht).
  • konsensueller Exhibitionismus: Die Lust daran, sich anderen Menschen (mit deren Einwilligung) nackt oder beim Sex zu zeigen.
  • konsensueller Voyeurismus: Die Lust daran, anderen Menschen (mit deren Einwilligung) beim Sex oder beim Nackt-Sein zuzuschauen.

All diese und weitere Spielarten werden auch im deutschsprachigen Raum zunehmend unter Kink bzw. dem Adjektiv kinky zusammengefasst. Der Gegenüberbegriff dazu ist Vanilla.

BDSM kann als sexuelle Praxis empfunden werden oder als etwas anderes/drittes neben Sexualität und Zärtlichkeit. Manche asexuelle Menschen mögen BDSM, aber beschreiben es für sich als nicht sexuell.

Manche kinky Menschen begreifen Kink/BDSM als Praxis. Für andere ist BDSM/Kink ein wichtiger Bestandteil ihrer Identität und zum Beispiel entscheidend für ihre Partner*innenwahl. Manche beschreiben daher BDSM/Kink als sexuelle Orientierung. Wir bevorzugen den Begriff der ‚sexuellen Neigung‘, da er kinky Identitäten ebenfalls gut fassen kann und dabei die Gleichsetzung zu sexuellen Orientierungen vermeidet. Dabei können kinky Menschen selbstverständlich alle sexuellen und romantischen Orientierungen haben. Manche ergänzen dazu eine kinky Orientierung, um zu beschreiben, zu welchem Geschlecht/welchen Geschlechtern sie sich in Bezug auf Kink hingezogen fühlen.

In BDSM-Communities wird viel Wert auf Konsens bzw. Einvernehmlichkeit gelegt und es besteht oft viel Übung im und kritische Auseinandersetzung zum Kommunizieren über Wünsche und Grenzen. Die beschriebenen Spielarten fallen nur unter der Bedingung von Konsens unter die Überbegriffe BDSM bzw. Kink. Handlungen im Kontext von Fesselung, Schmerz, Unterwerfung/Demütigung, Exhibitionismus und Voyeurismus etc., die an anderen Menschen ohne deren Einwilligung vollzogen werden, sind als Gewalt bzw. Übergriff zu werten. Wie in allen Lebensbereichen gibt es auch in kinky Communities Menschen, die übergriffig sind.

Vertiefende Infos zu BDSM von und für Jugendliche und junge Erwachsene: https://www.smjg.org/.

Zu BDSM und Sexualpädagogik vgl. vertiefend Debus, Katharina (2021): BDSM und Sexualpädagogik. In: Laimbauer, Viktoria/Scheibelhofer, Paul (Hrsg.): Sexualität und Pädagogik. Teil 1: Konzepte & Debatten. Innsbruck: StudienVerlag. S. 98–109.

Bi-Feindlichkeit/Bifeindlichkeit/Bi+-Feindlichkeit/Bi+feindlichkeit: Gewalt, Abwertung und Diskriminierung gegen Personen, die sich als bisexuell definieren oder von anderen so gelesen werden. Der Begriff Bi+feindlichkeit betont, dass alle Menschen gemeint sind, die mehr als ein Geschlecht begehren, unabhängig davon, ob sie sich als bi, pan oder polysexuell etc. definieren (vgl. Bi+sexualität). Aspekte von Bi-Feindlichkeit sind einerseits die Unsichtbarkeit von Bisexuellen u.a. in schwulen und lesbischen Zusammenhängen, und andererseits Zuschreibungen, Bisexualität sei lediglich eine Vorstufe zur Homosexualität, Bisexuelle könnten sich nicht entscheiden, seien Heterosexuelle, die nur experimentieren wollen, seien Schwule/Lesben, die ihre Homosexualität nicht anerkennen würden, oder seien nicht in der Lage, monogame Zweierbeziehungen zu führen. Weitere Begriffe: Biphobie, Monosexismus. Vgl. auch Heterosexismus, Heteronormativität, Lesbenfeindlichkeit, Schwulenfeindlichkeit, Queerfeindlichkeit.

Bisexualität/Bi-Romantik/bisexuell/biromantisch:

Eine sexuelle bzw. amouröse Orientierung, die sich auf Personen mindestens zweier Geschlechter bezieht. Manche Bisexuelle interessieren sich für Männer und Frauen, manche für Menschen aller Geschlechter. Bi+sexualität wird teils als Oberbegriff für alle sexuellen/romantischen Orientierungen verwendet, die sich auf mehr als ein Geschlecht richten, wenn dabei gewürdigt werden soll, dass nicht alle, die gemeint sind, selbst als bi verstehen. Er umfasst also u.a. auch Pan- und Polysexualität bzw. -romantik. 

Begriffsdiskussion: Manche Bi-Aktivist*innen empfinden es als entsolidarisierend, wenn Pansexualität/Panromantik als Gegenbegriffe zu Bisexualität aufgemacht werden, und damit nahegelegt wird, ‚bi‘ sei begrenzt auf Männer und Frauen. Sie halten dagegen, dass der Begriff historisch bedingt ist, aber auf eine Bewegungsgeschichte zurückgeht, die nicht einfach aufgegeben werden sollte. Teils wird der Bezug auf zwei Geschlechter in der Vorsilbe bi auch definiert als Anziehung zum eigenen Geschlecht und zu anderen Geschlechtern.

Butch: Der Begriff kommt aus lesbischen Kontexten. Er bezieht sich unter anderem auf stilistische Fragen und meint in der Regel ein Auftreten, das sich stärker männlich konnotierter Stilmittel bedient. Butch kann auch eine Identität beschreiben, die entweder gleichzeitig mit einer anderen Geschlechtsidentität existiert (z.B. Butch und Frau) oder aber die primäre Identität einer Person ist. Butch wird häufig als Gegenpol zu Femme verwendet.

cis Frau:

Eine erwachsene Person, der bei der Geburt das weibliche Geschlecht zugewiesen wurde, weil ihre Genitalien als weiblich interpretiert wurden, und die heute (auch innerlich) als Frau lebt.

Wir sprechen dabei mittlerweile nicht mehr nur von einer aktiven Identifikation als Frau, weil nicht alle cis Frauen ein so bejahendes Verhältnis zu ihrem Frau-Sein haben, manche empfinden es als sehr geschätzte Identität, andere als gesellschaftliche oder körperliche Realität oder politische Kategorie, manche als Empowerment-Identität, andere haben eher ein pragmatisches Verhältnis dazu im Sinne von ‚ist halt irgendwie so'.

Der Begriff cis wurde geprägt, um nicht zwischen z.B. trans Frauen und (vermeintlich ‚normalen') Frauen hierarchisierend zu unterscheiden, sondern um sagen zu können, beide sind gleichwertig Frauen, die einen cis, die anderen trans, beides sind spezifische Erfahrungen. Cis Frauen sind in diesem Sinne in unserem Verständnis Frauen, die nicht trans oder inter* sind. Früher auch gebräuchlich: Cis-Frau oder Cisfrau, vgl. zur aktuelleren adjektivischen Verwendung den Eintrag trans.

cisgeschlechtlich/cis-geschlechtlich/cis-gender: Bei cisgeschlechtlichen Menschen entspricht die Geschlechtsidentität dem Geschlecht, das ihnen bei ihrer Geburt auf Grundlage der gesellschaftlichen Einordnung ihrer Genitalien zugewiesen wurde. Vgl. auch cis Frau.

cisgeschlechtliche Vorannahme: Annahme, alle Menschen, die sich nicht als trans* outen, seien cisgeschlechtlich.

cis Junge: Ein Kind bzw. Jugendlicher, der (auch innerlich) als Junge lebt und dem bei der Geburt das männliche Geschlecht zugewiesen wurde, weil seine Genitalien als männlich interpretiert wurden. Vgl. für ausführlichere Erläuterungen und Einordnungen cis Frau. Früher auch gebräuchlich: Cis-Junge oder Cisjunge, vgl. zur aktuelleren adjektivischen Verwendung den Eintrag trans.

cis Mädchen: Ein Kind bzw. eine Jugendliche, die (auch innerlich) als Mädchen lebt und der bei der Geburt das weibliche Geschlecht zugewiesen wurde, weil ihre Genitalien als weiblich interpretiert wurden. Vgl. für ausführlichere Erläuterungen und Einordnungen cis Frau. Früher auch gebräuchlich: Cis-Mädchen oder Cismädchen, vgl. zur aktuelleren adjektivischen Verwendung den Eintrag trans.

cis Mann: Ein erwachsener Mensch, der (auch innerlich) als Mann lebt, und dem bei der Geburt das männliche Geschlecht zugewiesen wurde, weil seine Genitalien als männlich interpretiert wurden. Vgl. für ausführlichere Erläuterungen und Einordnungen cis Frau. Früher auch gebräuchlich: Cis-Mann oder Cismann, vgl. zur aktuelleren adjektivischen Verwendung den Eintrag trans.

Cis-Sexismus/Cissexismus:

  • Privilegierung von cisgeschlechtlichen Menschen gegenüber trans Menschen. Privilegierung von als cisgeschlechtlich konstruierten Eigenschaften/Verhaltensweisen/Geschmäckern etc. gegenüber als trans konstruierten Eigenschaften/Verhaltensweisen/Geschmäckern.
  • Gewalt gegen und Abwertung bzw. Diskriminierung von trans Menschen.
  • Auch Gewalt, Abwertung bzw. Diskriminierung gegenüber Körpern, Verhaltensweisen, Geschmäckern und Eigenschaften, die mit Transgeschlechtlichkeit assoziiert werden. Abwertung/ Erschwerung von Kontakten auf Augenhöhe zwischen cis und trans Menschen (z.B. wenn gemischten Freund*innenschaften mit Misstrauen begegnet wird oder z.B. trans Menschen aus Bündnissen und/oder Räumen ausgeschlossen werden).

Co-Eltern-Familie: Familienmodell, in dem sich Menschen dazu entscheiden, zusammen Eltern zu werden/sein, die nicht (alle) durch eine Liebesbeziehung verbunden sind oder waren.

Coming-Out/Coming Out/Coming-out:

Der Begriff bezeichnet den Prozess des Bewusstwerdens, Anerkennens und Kommunizierens der eigenen sexuellen und romantischen Orientierung und/oder Geschlechtsidentität, z.T. wird er auch in anderen Kontexten wie z.B. BDSM/Kink oder Polyamorie verwendet. Es wird unterschieden zwischen innerem Coming-Out (Bewusstwerden) und äußerem Coming-Out bzw. Going Public (andere Personen informieren). V.a. das äußere Coming-Out ist ein lebenslanger Prozess. Aber auch ein innerer Coming-Out-Prozess verläuft bei vielen über mehrere Jahre und ein Mensch kann mehrere solcher innerer Coming-Out-Prozesse erleben.

Am Coming-Out zeigt sich Diskriminierung: Privilegierte rund um geschlechtliche, amouröse und sexuelle Vielfalt (Ausnahme: Sexismus und Frauenfeindlichkeit funktionieren nach einer anderen Logik), also z.B. heterosexuelle Menschen, die nicht zu weit von Geschlechternormen abweichen, können aufgrund von Normalitätsannahmen meist selbstverständlich davon ausgehen, entsprechend der eigenen Identität und sexuellen Orientierung etc. gelesen zu werden (also: alle Menschen gehen auch davon aus, dass sie heterosexuell sind und ‚erkennen' ihr Geschlecht korrekt). Sie können darüber hinaus in der Regel auch für sich selbst (inneres Coming-Out) ihre entsprechenden Gefühle für andere Menschen und ihr geschlechtliches Selbstverständnis  leichter erkennen bzw. einordnen, weil sie entsprechende Lebensweisen als ‚normal' vermittelt bekommen haben. Diskriminierung zeigt sich unter anderem darin, dass LSBTIQAP+ und weitere Menschen, die aufgrund ihres Begehrens und ihrer Lebensweise minorisiert werden, aufgrund von Normalitätsannahmen einerseits in Bezug auf ihre eigenen Auseinandersetzungen mit sich selbst Hürden vorfinden (erschwerte Selbsterkenntnis und Einordnung der eigenen Gefühle, Begehren und Selbstverständnisse), und sich andererseits regelmäßig erklären und gute Zeitpunkte, Risiken und Vorteile etc. eines Coming-Out abwägen müssen. Sie zeigt sich zudem darin, dass sie unsichtbar bleiben, wenn sie sich nicht outen und nach einem Coming-Out oder Fremdouting oft hypersichtbar werden.

Vgl. zu den daraus folgenden Un_Sichtbarkeitsdynamiken in der Pädagogik: Laumann, Vivien (2018): Queere Un_Sichtbarkeiten. LSBTIQAP+ in heterogenen pädagogischen Settings. In: Debus, Katharina/Laumann, Vivien (Hrsg.): Pädagogik geschlechtlicher, amouröser und sexueller Vielfalt. Zwischen Sensibilisierung und Empowerment. Berlin: Dissens – Institut für Bildung und Forschung. S. 71-86. https://interventionen.dissens.de/materialien/handreichung.

demisexuell/demiromantisch: Menschen, die sexuelles Begehren (demisexuell) oder romantische Anziehung (demiromantisch) nur für Menschen entwickeln, mit denen sie bereits eine Bindung aufgebaut haben. Vgl. auch allosexuell/alloromantisch, asexuell, romantische Orientierungamouröse Orientierung, amouröse Vielfalt, aromantisch, graysexuell/grayromantisch und sexuelle Orientierung.

dyadisch: Menschen, die nicht intergeschlechtlich sind, deren Körper also in die biologisch-medizinische Konstruktion von entweder ‚männlich‘ oder ‚weiblich‘ passt. Siehe auch endo.

Dysphorie (auch: Geschlechts-Dysphorie/Geschlechtsdysphorie):

Dysphorie in Bezug auf Geschlecht meint ein Gefühl von Unwohlsein und Irritation bis hin zu dauerhaft anhaltendem potenziell traumatisierendem Schmerz.

  • körperliche (Geschlechts-)Dysphorie: wird ausgelöst, wenn eine Person ihren Körper als geschlechtsbezogen falsch empfindet.
  • soziale (Geschlechts-)Dysphorie: wird ausgelöst, wenn eine Person von anderen als ein für ihr Selbstverständnis falsches Geschlecht behandelt wird (z.B. durch Gebrauch eines für sie falschen Namens, falscher Pronomen oder Anreden, falscher Zuschreibungen etc.). Handlungen, die soziale Geschlechtsdysphorie auslösen, können, auch wenn sie sich genommen klein sind, durch ihre über längere Zeit andauernde Häufung mittlere bis schwere Belastungen auslösen bis hin zu Traumata. Zu diesen Belastungen durch vermeintlich kleine Handlungen lässt sich einiges aus der psychologischen Forschung zu Microaggressionen lernen, in Bezug auf geschlechtliche und sexuelle Vielfalt ist außerdem das Stichwort Minderheitenstress/minority stress ein guter Startpunkt für weitere Recherchen.

Einvernehmen/Einvernehmlichkeit: vgl. Konsens.

Enby/enby: englisch ausgesprochene Abkürzung (n.b.) für non-binary. Wird sowohl als Adjektiv (Eigenschaft) als auch als Substantiv (Person) verwendet.

endo/endogeschlechtlich/endosexuell: Menschen, die nicht intergeschlechtlich sind, deren Körper also auf den Ebenen von Chromosomen, äußeren und inneren Sexual-/Fortpflanzungsorganen und Hormonen in etwa in die biologisch-medizinische Konstruktion von entweder ‚männlich‘ oder ‚weiblich‘ passt. Siehe auch dyadisch.

endogeschlechtliche/dyadische Vorannahme: Annahme, alle Menschen, die sich nicht als inter* outen, seien endogeschlechtlich/dyadisch.

Endosexismus (abgeleitet von endo): (noch) nicht weit verbreiteter Begriffsvorschlag, um die Privilegierung von endogeschlechtlichen Menschen (Endos, also: Menschen, die nicht intergeschlechtlich sind) und die Diskriminierung von Inter* als Verhältnis zu beschreiben, das auch Auswirkung auf die Lebenserfahrungen, Selbstbilder etc. endogeschlechtlicher Menschen (also: der in diesem Verhältnis Privilegierten) hat. Die konkrete Feindlichkeit gegen Inter* wird meist unter dem Begriff Inter*feindlichkeit gefasst.

Femme: Der Begriff kommt aus lesbischen Kontexten. Er bezieht sich unter anderem auf stilistische Fragen und meint in der Regel ein Auftreten, das sich stärker weiblich konnotierter Stilmittel bedient. Femme kann auch eine Identität beschreiben, die entweder gleichzeitig mit einer anderen Geschlechtsidentität existiert (z.B. Femme und Frau) oder aber die primäre Identität einer Person ist. Femme wird häufig als Gegenpol zu Butch verwendet.

Fetischismus: vgl. BDSM.

Frau: erwachsene Person, die sich als Frau versteht, umfasst trans, cis und inter* Frauen. Vgl. zur Varianz des Selbstverständnisses als Frau bei cis Frauen zwischen enthusiastischer Identifikation und eher körperbezogenen, pragmatischen oder politischen Selbstverständnissen den Eintrag cis Frau.

Frauenfeindlichkeit: Diskriminierung, Abwertung und Gewalt gegenüber Frauen, auch: Misogynie (griechisch für Frauen-Hass).

freundschaftszentrierte/freund*innenschaftszentrierte Lebensweise: Lebensweise, in der Freund*innenschaften im Zentrum von Alltagsorganisation, Zukunftsplanung, Fürsorge etc. stehen. In Abgrenzung zu Lebensweisen, die entweder weitgehend autonom gestaltet oder um romantische Liebesbeziehungen herum organisiert sind. Manche Menschen, die freund*innenschaftszentriert leben, haben auch Liebesbeziehungen, priorisieren diese aber nicht vor ihren Freund*innenschaften, andere haben keine Liebesbeziehungen.

Gender Expression: Vgl. geschlechtliche Vielfalt.

genderfluid (= geschlechterflüssig): eine Geschlechtsidentität, die zwischen verschiedenen Geschlechtern wechselt. Das kann situativ sein, vom Kontext oder den anwesenden Personen abhängen oder über längere Phasen wechseln. Genderfluid ist eine Variante nicht-binärer Identifikation.

genderqueer: geschlechtliches Selbstverständnis, das weder eindeutig weiblich noch eindeutig männlich ist, sondern dazwischen oder jenseits von männlich/weiblich oder situativ bzw. phasenweise wechselnd empfunden werden kann. Genderqueer wurde ebenso wie non-binary oft als Überbegriff für verschiedene Selbstverständnisse jenseits der Zweigeschlechtlichkeit genutzt (zur Vertiefung: www.nonbinary.org), wobei in unserer Wahrnehmung heute non-binary eher als Überbegriff geläufig ist und genderqueer heute in manchen Kontexten stärker auch mit einem äußeren Auftreten konnotiert wird, das Geschlechternormen sichtbar unterläuft/irritiert. In den 2000er Jahren war er in unserer Wahrnehmung zumindest in Deutschland der bekannteste Begriff, um Selbstverständnisse und Praxen jenseits von entweder männlich oder weiblich zu beschreiben und hat seit der verstärkten Verwendung von non-binary an Bedeutung verloren bzw. sich, je nach Lebenswelt, in seiner Bedeutung auch etwas verändert.

Geschlecht: beinhaltet individuelle und gesellschaftliche Dimensionen von Selbstverortung, Identität, Vielfalt, Ungleichheit und Diskriminierung. Dabei können in je unterschiedlicher Form (mindestens) drei Ebenen von Bedeutung sein: Körper, Identität bzw. Selbstverständnis und Ausdruck (vgl. geschlechtliche Vielfalt).

geschlechtliche Vielfalt:

setzt sich aus mindestens drei Ebenen zusammen:

  • Körper (auch: Sex [englisch] oder Körpergeschlecht): Auf der körperlichen Ebene werden in dieser Gesellschaft verschiedene Merkmale mit Geschlecht in Zusammenhang gebracht, unter anderem Sexual-/Fortpflanzungsorgane, Chromosomen, Hormone, Form und Größe der Brust/Brüste, Körpergröße, Körperbehaarung, Stimmtiefe/-höhe, Gebärfähigkeit, Zeugungsfähigkeit, Orgasmus-, Erektions- und Ejakulationsfähigkeit. Dabei sind in einem Menschen verschiedene Kombinationen möglich. Diese werden gesellschaftlich oft nach biologistischen Kriterien entlang der Chromosomen, inneren und äußeren Sexual-/Fortpflanzungsorgane und Hormone als weiblich, männlich oder intergeschlechtlich kategorisiert. Das persönliche Empfinden des eigenen Körpers und damit des eigenen Körpergeschlechts kann aber von der gesellschaftlichen Einordnung abweichen. Es gibt also Menschen, die ihren eigenen Körper mit Vulva, Vagina und/oder Brüsten nicht als weiblich, sondern z.B. als agender, genderqueer oder männlich empfinden (und möglicherweise andere Bezeichnungen für die entsprechenden Körperteile wählen). Alle Kombinationen aus Körperlichkeit und Identität sind möglich.
  • Geschlechtsidentität bzw. geschlechtliches Selbstverständnis (auch Gender, psychisches Geschlecht bzw. das Wissen über das eigene Geschlecht): Es gibt mehrere Möglichkeiten sich geschlechtlich (nicht) zu identifizieren bzw. sich zu verstehen und zu beschreiben. Ein Mensch kann sich als Mann bzw. Junge oder als Frau bzw. Mädchen verstehen. Darüber hinaus gibt es verschiedene Möglichkeiten von Selbstverständnissen jenseits der Zweigeschlechtlichkeit, die oft seltener bekannt sind, u.a. genderqueer, non-binary, agender, genderfluid. Auch Butch, Femme oder Tunte können Geschlechtsidentitäten sein (und/oder Beschreibungen von Geschlechtsausdrucksweisen, siehe unten), die entweder die Hauptgeschlechtsidentität eines Menschen darstellen oder in Kombination mit anderen der genannten Selbstverständnissen funktionieren.
    Der Identitätsbegriff wird derzeit immer wieder kontrovers diskutiert. Wenn wir ihn verwenden, gehen wir von einem Verständnis aus, demzufolge Geschlechtsidentitäten in der Regel tief in Menschen eingeschrieben sind, sie sind nicht zu verwechseln mit Vorlieben, Styles, Willensentscheidungen oder gar Mode-Erscheinungen. Da andere Menschen z.B. im pathologisierenden Begriff der ‚Geschlechtsidentitätsstörung' schlechte Erfahrungen mit dem Identitätsbegriff gemacht haben und zu häufig auf Verständnisse stoßen, die Identitäten eher als Vorlieben, Styles und Moden verstehen, und da es zudem auch kritische Auseinandersetzungen aus queerer Perspektive mit der festschreibenden Wirkung von Identitätsverständnissen gibt (vgl. ausführlicher im untengenannten Text LSB-was?, Exkurs Brauchen wir noch mehr Labels?, S. 33f.), experimentieren wir gerade damit, vermehrt nicht mehr von Geschlechtsidentitäten, sondern von Selbstverständnissen zu sprechen. Es gilt noch herauszufinden, welche Potenziale, Vor- und Nachteile dies in Bezug auf Vermittlung, Missverständnisse, pädagogische und politische Ableitungen etc. hat.
  • Ausdruck (auch Geschlechtsausdruck oder Gender Expression): Der Begriff beschreibt verschiedene Ausdrucksformen, die für manche Menschen ihre Geschlechtsidentität ausdrücken (dann wäre der Begriff Geschlechtsausdruck angemessen) und für andere nichts mit ihrem Geschlecht zu tun haben, aber oft gesellschaftlich damit in Zusammenhang gebracht werden. Dies betrifft u.a. Körpersprache, Kleidungsstücke und -stile, Körper- und Haarstyling, Farbpräferenzen, Geschmäcker u.a. in Bezug Nahrungsmittel, aber auch in Bezug auf Literatur und Medien, Emotionen und ihren Ausdruck, Sozialverhalten, Hobbies, Berufswahl, Care-Tätigkeiten, Interessen und Kompetenzen, Sexualität, Erotik und Intimität. Auch hier haben wir es mit einer großen Vielfalt zu tun.

Aus einer Vielfaltsperspektive wird sichtbar, dass diverse Kombinationen dieser drei Ebenen möglich sind und gleichberechtigt nebeneinanderstehen sollten. Gesellschaftlich wird oft Kohärenz/Übereinstimmung zwischen den Ebenen Körper, Identität und Ausdruck als entweder ‚männlich‘ oder ‚weiblich‘ erwartet und alle Menschen mit Diskriminierung belegt, die dem nicht entsprechen (vgl. heterosexuelle Matrix).

Die Begriffe trans und cis siedeln wir zwischen Körpergeschlecht und Geschlechtsidentität an, weil es hier um das Verhältnis zwischen geschlechtlichem Selbstverständnis und geschlechtlicher Zuweisung aufgrund der Interpretation des Körpers bei der Geburt geht. Aus einer Vielfaltsperspektive sind alle Menschen, die sich als Mädchen bzw. Frauen verstehen, Mädchen bzw. Frauen, und alle Menschen, die sich als Jungen oder Männer verstehen, Jungen bzw. Männer – die Unterscheidung zwischen cis und trans ist aus einer Vielfaltsperspektive fast immer unnötig (Ausnahme u.a., wenn es um Diskriminierungswiderfahrnisse geht), außer sie ist für den einzelnen Menschen von Bedeutung.

Vgl. ausführlicher: Debus, Katharina/Laumann, Vivien (2018): LSB-was? Geschlechtliche, amouröse und sexuelle Vielfalt – Einführung und Spannungsfelder. In: Dies. (Hrsg.): Pädagogik geschlechtlicher, amouröser und sexueller Vielfalt. Zwischen Sensibilisierung und Empowerment. Berlin: Dissens – Institut für Bildung und Forschung. S. 12-70. https://interventionen.dissens.de/materialien/handreichung.

Grafik zu geschlechtlicher, amouröser und sexueller Vielfalt unter https://katharina-debus.de/material/grafiken/geschlechtliche-amouroese-und-sexuelle-vielfalt/.

geschlechtliches Selbstverständnis: vgl. geschlechtliche Vielfalt

Geschlechtsausdruck/Geschlechts-Ausdruck: vgl. geschlechtliche Vielfalt.

Geschlechts-Dysphorie/Geschlechtsdysphorie: vgl. Dysphorie.

Geschlechtsidentität/Geschlechts-Identität: vgl. geschlechtliche Vielfalt.

graysexuell/grayromantisch: Verortung relativ mittig im Spektrum zwischen asexuellund allosexuell (graysexuell) bzw. zwischen aromantisch und alloromantisch (grayromantisch). Vgl. auch romantische Orientierungamouröse Orientierung, amouröse Vielfalt, aromantisch, demisexuell/demiromantisch und sexuelle Orientierung.

gynoromantisch: sich romantisch zu Frauen hingezogen fühlen – unabhängig vom eigenen Geschlecht. Vgl. auch androromantisch.

heteroflexibel: Menschen, die meistens oder vorrangig heterosexuell/-romantisch begehren, aber nicht ausschließlich. Dabei kann es darum gehen, dass die Person sich meistens zum anderen der beiden gesellschaftlich normalisierten Geschlechter hingezogen fühlt (also als Frau zu Männern und umgekehrt), aber gelegentlich auch zum eigenen oder einem weiteren Geschlecht; dass sie bei dem eigenen Geschlecht noch nicht weiß, ob die Anziehung ernster werden könnte; oder dass sich die Anziehung für das eigene Geschlecht bspw. nur auf die sexuelle Ebene bezieht etc. Die Abgrenzung zu Bi-/Pansexualität ist fließend und nur von der Person selbst vorzunehmen.

Heteronormativität: Kultur und gesellschaftliche Struktur, die davon ausgeht, es sei ‚normal‘ und wünschenswert, sich gemäß biologisch definierter körperlicher Merkmale zweifelsfrei einem der zwei normalisierten Geschlechter (männlich oder weiblich) zuzuordnen und das jeweils andere dieser beiden Geschlechter zu begehren, mit ihm Liebesbeziehungen und Sexualität zu leben, langfristig Kinder zu zeugen und in einer Familie zusammenzuleben und dabei auch auf der Verhaltens- und Arbeitsteilungsebene, in Bezug auf Intimität und Sexualität etc. Geschlechternormen zu erfüllen. Diese Normativität wird damit begründet, der Sinn von Geschlecht und Sexualität sei die biologische Fortpflanzung (alternativ: gottgewollt). Allen, die nicht in diese Schablonen passen, widerfährt in einer heteronormativen Gesellschaft Diskriminierung.

Heterosexismus/Hetero-Sexismus:

Bedeutung in unseren aktuellen Diskussionszusammenhängen und entsprechende Verwendung in unserem Projekt:

  • Privilegierung von Heterosexuellen gegenüber Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Pansexuellen, Queers, Asexuellen und anderen nicht heterosexuellen Menschen. Privilegierung von als heterosexuell konstruierten Eigenschaften/Verhaltensweisen/Geschmäckern etc. gegenüber als nicht heterosexuell konstruierten Eigenschaften/Verhaltensweisen/Geschmäckern.
  • Gewalt gegen und Abwertung bzw. Diskriminierung von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Pansexuellen, Queers, Asexuellen und anderen Menschen, die nicht heterosexuell leben.
  • auch: Gewalt, Abwertung und Diskriminierung gegenüber Menschen mit Verhaltensweisen, Geschmäckern und Eigenschaften, die als nicht heterosexuell gelten, auch wenn diese Menschen heterosexuell leben/begehren. Abwertung/Erschwerung von Kontakten auf Augenhöhe zwischen heterosexuellen und nicht heterosexuellen Menschen (z.B. wenn gleichgeschlechtlichen Freund*innenschaften zwischen Menschen verschiedener sexueller Orientierungen mit Misstrauen begegnet wird).

Vgl. auch Lesbenfeindlichkeit, Schwulenfeindlichkeit, Bi+feindlichkeit, Queerfeindlichkeit, Heteronormativität.

Andere Bedeutung:

Offenbar ist der Begriff zunächst in lesbischen Zusammenhängen entstanden und soll in seiner ursprünglichen Fassung das Zusammenspiel von Sexismus (im Sinne von Frauenfeindlichkeit) und von Heteronormativität fassen, also die spezifisch Intersektion von Diskriminierung, die sich gegen Frauen richtet, die Frauen begehren, und in der z.B. sexistische Bilder der Verfügbarkeit von Frauen mit heteronormativen Bildern zusammenlaufen, u.a. in der häufig von Männern an Lesben/bi-/pansexuelle Frauen gerichteten Frage „Darf ich mal zuschauen?". Vgl. auch Lesbenfeindlichkeit.

Wir denken noch drüber nach, wie wir mit diesen parallelen und unterschiedlichen Begriffsfassungen umgehen, weil wir es einerseits wichtig finden, einen Verhältnisbegriff für das zu haben, was wir oben als Heterosexismus beschreiben, also einen ...ismus-Begriff, der auch heterosexuelle Menschen in das strukturelle Verhältnis mit reindenkt als Privilegierte, in Abgrenzung zu den ...feindlichkeitsbegriffen oder einem Begriff, der Normen fokussiert (Heteronormativität). Andererseits ist uns auch daran gelegen, respektvoll mit aktivistischen Begriffsgeschichten umzugehen und wir finden es grundsätzlich sinnvoll, auch einen spezifischen Begriff für die Intersektion zwischen Sexismus und dem zu haben, was wir gerade als Heterosexismus beschreiben. Derzeit verwenden wir den Begriff Heterosexismus weiter, wie wir ihn oben definiert haben, und weisen zusätzlich auf die andere Bedeutung hin, um einen transparenten Umgang zu ermöglichen.

Heterosexualität/Heteroromantik/heterosexuell/heteroromantisch: sexuelle bzw. romantische Orientierung, die sich im Rahmen der Zweigeschlechtlichkeit auf Personen des anderen Geschlechts richtet: Männer/Jungen, die sich sexuell/romantisch (nur) zu Frauen/Mädchen hingezogen fühlen. Frauen/Mädchen, die sich sexuell/romantisch (nur) zu Männern/Jungen hingezogen fühlen. Heterosexualität ist historisch der Gegenüberbegriff zu Homosexualität.

heterosexuelle Matrix:

von Judith Butler geprägter Begriff. In unserer Interpretation/Weiterentwicklung meint er die Normalitätsannahme und den Druck auf Menschen, sich einerseits klar auf einer Seite der Zweigeschlechtlichkeit zu bewegen, also in Bezug auf Körper, Geschlechtsidentität/geschlechtliches Selbstverständnis und Ausdruck klar und kohärent/einheitlich dem zu entsprechen, was gesellschaftlich als männlich gilt oder dem, was als weiblich gilt (nicht aber beides gemischt). Und dann ebenso klar das jeweils andere der zwei akzeptierten Geschlechter zu begehren, mit ihm Sex zu haben, Kinder zu zeugen und eine Familie im traditionellen Sinne zu gründen. Innerhalb der heterosexuellen Matrix soll auf den ersten Blick erkennbar sein, welches Geschlecht (in Kohärenz der verschiedenen Ebenen) und welche sexuelle Orientierung ein Mensch hat – das Herstellen von Eindeutigkeit und Verstehbarkeit/Erkennbarkeit (Intelligibilität) sind notwendig für nicht-diskriminierende Interaktionen auf Augenhöhe, wer auf diesen Ebenen irritiert, ist in der Regel mindestens mit ständiger Verbesonderung konfrontiert, oft auch mit Feindlichkeit bis hin zu Gewalt.

Vgl. ausführlicher Debus, Katharina/Laumann, Vivien (2018): LSB-was? Geschlechtliche, amouröse und sexuelle Vielfalt – Einführung und Spannungsfelder. In: Debus, Katharina/Laumann, Vivien (Hrsg.): Pädagogik geschlechtlicher, amouröser und sexueller Vielfalt. Zwischen Sensibilisierung und Empowerment. Berlin: Dissens – Institut für Bildung und Forschung. Kapitel zur heterosexuellen Matrix auf S. 63–68. https://interventionen.dissens.de/materialien/handreichung.

Grafik zur heterosexuellen Matrix unter https://katharina-debus.de/material/grafiken/heterosexuelle-matrix/.

heterosexuelle Vorannahme: Annahme, alle Menschen, die sich nicht als lesbisch, schwul, bi, pan, polysexuell/-romantisch, asexuell, aromantischqueer etc. outen, seien heterosexuell.

Homofeindlichkeit: Gewalt gegen, Abwertung und Diskriminierung von homosexuellen Menschen und Verhaltensweisen, die als homosexuell konnotiert sind. Homofeindlichkeit kann sich gegen Schwule oder Lesben richten, aber auch gegen Menschen, denen fälschlich zugeschrieben wird, schwul oder lesbisch zu sein. Oft ist im Begriff Homofeindlichkeit Bifeindlichkeit mitgemeint, er erfasst aber einige Besonderheiten von Bifeindlichkeit nicht. Andere Begriffe: Homophobie, homofeindliche Diskriminierung. Vgl. auch Heterosexismus.

homoflexibel: Menschen, die meistens oder vorrangig homosexuell/-romantisch begehren, aber nicht ausschließlich. Dabei kann es darum gehen, dass die Person sich meistens zum eigenen, aber gelegentlich auch zu einem anderen Geschlecht hingezogen fühlt, dass sie bei dem anderen Geschlecht noch nicht weiß, ob die Anziehung ernster werden könnte, oder dass sich die Anziehung für ein anderes Geschlecht bspw. nur auf die sexuelle Ebene bezieht etc. Die Abgrenzung zu Bi-/Pansexualität ist fließend und nur von der Person selbst vorzunehmen.

Homosexualität/Homoromantik/homosexuell/homoromantisch: sexuelle bzw. romantische Orientierung, die sich auf Personen des eigenen Geschlechts richtet (vgl. lesbisch und schwul). Historisch der Gegenüberbegriff zu Heterosexualität. Manche Lesben und Schwule lehnen den Begriff ‚homosexuell‘ ab, weil er sich ihnen entweder zu sehr auf Sexualität bezieht und ihnen dabei Fragen von Liebe, Bindung, Familie oder Menschenrechten untergehen, weil er lesbische und schwule Realitäten in einen Begriff zusammenfasst, die sie als sehr unterschiedlich empfinden, weil er klinisch klingt und/oder weil er aus einer Geschichte der Pathologisierung stammt.

inter*, intergeschlechtlich, intersexuell, Varianten der Geschlechtsentwicklung:

Menschen, deren chromosomales/genetisches und/oder hormonelles und/oder gonadales und/oder genitales Geschlecht bzw. deren Kombination dieser vier Ebenen nicht eindeutig dem entspricht, was in Gesellschaft und Wissenschaft zu einem gegebenen Zeitpunkt als körperlich weiblich bzw. männlich gilt, sondern die sowohl körperlich als männlich als auch als weiblich kontruierte Merkmale vereinen. Inter* können alle oben genannten Geschlechtsidentitäten/geschlechtlichen Selbstverständnisse haben und/oder sich zusätzlich oder ausschließlich als Inter* (oder andere inter*-spezifische Identitäten) identifizieren. Der * in inter* will die verschiedenen möglichen Wortendungen und die Vielzahl intergeschlechtlicher Erfahrungen miterfassen. Weitere Infos unter: https://oiigermany.org/.

Wenn Inter* später in ihrem Leben in einem anderen Geschlecht leben als dem, das ihnen bei Geburt zugewiesen wurde bzw. als das sie in ihrer Kindheit/Jugend von anderen behandelt wurden, verstehen sie sich oft auch als trans. Inter*, die in ihrem bei Geburt zugewiesenen Geschlecht (auch innerlich) leben, werden manchmal als cis bezeichnet. Wir folgen hier Cary Gabriel Costello in deren Plädoyer, cis als Ausdruck von Privilegiertheit nicht auf inter* Lebensrealitäten anzuwenden, sondern Inter*, die im bei ihrer Geburt zugewiesenen Geschlecht leben, also nicht trans sind, als ipso zu bezeichnen. Selbstverständlich nur dann, wenn sie sich nicht selbst als cis verstehen. Vgl. Costello, Cary Gabriel (2015): Cis Gender, Ipso Gender. trans-fusion.blogspot.com/2015/06/cis-gender-ipso-gender.html.

Inter*feindlichkeit: Gewalt (oft medizinisch) gegen und Abwertung sowie Diskriminierung von Inter*.

Intersektionalität:

Der Begriff kommt aus englischsprachigen feministischen und antirassistischen Diskussionen (englisch: to intersect – [über]schneiden, [über]kreuzen, zusammenlaufen, überlagern) und wurde eingeführt von Kimberlé Crenshaw, einer Schwarzen, feministischen us-amerikanischen Anwältin. Intersektionale Ungleichheitsforschung befasst sich mit der Frage, wie unterschiedliche Ungleichheitsverhältnisse wie Rassismus, Sexismus, Heterosexismus, Cis-Sexismus, EndosexismusKlassismus, Adultismus, Ableismus, Antisemitismus etc. verwoben sind. Intersektionalität als Ansatz betrachtet alle Menschen als in der Intersektion ihrer Diskriminierungs- und Privilegierungserfahrungen je spezifisch positioniert und macht dafür aufmerksam, nicht die Erfahrungen von Menschen, die nur in einem Ungleichheitsverhältnis diskriminiert und in anderen privilegiert werden (z.B. weiße, heterosexuelle, bürgerliche, nicht-behinderte, endogeschlechtliche cis Frauen) nicht zu verallgemeinern und entlang ihrer Erfahrungen das entsprechende Ungleichheitsverhältnis zu definieren/analysieren. Vielmehr fordert sie dazu auf, die Erfahrungen von Menschen im Blick zu behalten und in der Praxis wichtigzunehmen, die Mehrfachdiskriminierung/Mehrfachmarginalisierung erfahren. Vgl. http://portal-intersektionalitaet.de.

Dabei wird derzeit in aktivistischen Kontexten kontrovers diskutiert, wo der Fokus intersektionaler Ansätze liegen soll: auf der Verschränkung der Ungleichheitsverhältnisse in allen Menschen, ggf. mit einem Fokus auf spezifischen Intersektionen, auf den Erfahrungen mehrfachmarginalisierter Menschen oder auf den Erfahrungen Schwarzer Frauen. Alle diese Aspekte finden sich in Kimberlé Crenshaws Ursprungstext (vgl. Crenshaw, Kimberlé (1989): Demarginalizing the Intersection of Race and Sex: A Black Feminist Critique of Antidiscrimination Doctrine, Feminist Theory and Antiracist Politics.  The University of Chicago Legal Foruml S. 139–168. portal-intersektionalitaet.de/theoriebildung/ueberblickstexte/).

ipso: einem Vorschlag von Cary Gabriel Costello folgend Inter*, die im bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht leben, also nicht trans sind. Siehe auch inter*. Vgl. Costello, Cary Gabriel (2015): Cis Gender, Ipso Gender. https://trans-fusion.blogspot.com/2015/06/cis-gender-ipso-gender.html.

Junge: Kind bzw. Jugendlicher, der sich als Junge versteht, umfasst trans, cis und inter* Jungen. Vgl. zur Varianz der Selbstverständnisse von cis Menschen zwischen enthusiastischer Identifikation und eher körperbezogenen, pragmatischen oder politischen Selbstverständnissen den Eintrag cis Frau.

Kink/kinky: vgl. BDSM.

Klassismus: Ungleichheitsverhältnis bzw. Diskriminierungsform, die Menschen aufgrund ihres ökonomischen oder Bildungsstatus bzw. ihrer ökonomischen oder Bildungsherkunft benachteiligt. Vgl. u.a. einen Text von Tanja Abou https://www.vielfalt-mediathek.de/material/zusammenleben-in-der-migrationsgesellschaft/klassismus-oder-was-meine-ich-eigentlich-wenn-ich-von-klassismus-spreche-eine-annaeherung sowie zum Hören von Houssam Hamade https://www.deutschlandfunkkultur.de/klassismus-die-uebersehene-diskriminierungsform-100.html.

Konsens/konsensuell (auch Konsens-Prinzip/Einvernehmlichkeit/einvernehmlich/Zustimmungsprinzip): unterscheidet unter anderem Sex von sexualisierter Gewalt. Im Kontext von Sexualität bedeutet Konsens/Einvernehmlichkeit, dass alle Beteiligten einer sexuellen Handlung sich frei und informiert für diese entschieden haben und sie jederzeit abbrechen können (Widerrufbarkeit von Konsens). Vorbedingung von Konsens ist die Einwilligungsfähigkeit aller Beteiligten. Diese liegt beispielsweise bei Kindern gegenüber Erwachsenen (Abhängigkeits- und Machtgefälle) oder bei bewusstlosen Menschen nicht vor und kann u.a. von Abhängigkeitsverhältnissen, Alkohol und anderen Drogen etc. beeinträchtigt sein. Pädagogisch lohnt eine Beschäftigung mit verschiedenen Optionen, Konsens herzustellen, sich über Konsens zu vergewissern und ihn zu entziehen. Vgl. für einen kleinen Einblick in verschiedene Konsensstragien (nicht nur BDSM-spezifisch) Debus, Katharina (2021): BDSM und Sexualpädagogik. In: Laimbauer, Viktoria/Scheibelhofer, Paul (Hrsg.): Sexualität und Pädagogik. Teil 1: Konzepte & Debatten. Innsbruck: StudienVerlag. S. 98–109.

Körpergeschlecht: vgl. geschlechtliche Vielfalt.

Lesbenfeindlichkeit: Gewalt, Abwertung und Diskriminierung gegen Lesben bzw. Menschen, die als lesbisch gelesen werden (u.a. bi- oder pansexuelle Frauen oder Frauen, die aufgrund ihres Verhaltens für lesbisch gehalten werden). Lesbenfeindlichkeit ist Teil von Homofeindlichkeit, nimmt aber teils andere Formen als Schwulenfeindlichkeit an, z.B. durch die Objektifizierung bzw. Pornographisierung von Frauen, die Frauen begehren, oder durch Nicht-Ernstnehmen von Begehren zwischen Mädchen oder zwischen Frauen, teils auch durch eine Bagatellisierung/Verharmlosung von Lesbenfeindlichkeit, weil ungefragtes und nicht-konsensuelles männliches Begehren und Objektifizierung als Kompliment gelesen und nicht als feindlich bzw. bedrohlich erkannt werden. Vgl. auch Heterosexismus, Heteronormativität, Queerfeindlichkeit und Bifeindlichkeit.

lesbisch/Lesbe: Frauen, die sich zu Frauen, und Mädchen, die sich zu Mädchen sexuell und/oder romantisch hingezogen fühlen. Manchmal bezeichnen sich aber auch andere Menschen als lesbisch, die das als den passendsten Ausdruck für ihre Identität empfinden, z.B. Genderqueers, die sich zu Frauen oder genderqueeren Menschen hingezogen fühlen.

LSBTIQAP+/LGBTIQAP+/LSBTQIAP+/LGBTQIAP+: lesbisch, schwul (oder englisch: gay), bisexuell/biromantisch, trans, queer, inter*, asexuell, aromantisch, pansexuell/panromantisch. Auch: LSBTIQ (ohne asexuell, aromantisch und pan*), LSBT/LGBT (minus inter* und queer), LSBTTIQA/LGBTTIQA (Differenzierung zwischen transsexuell und transgender, vgl. Begriffsdiskussion unter trans, Ergänzung um asexuell und/oder aromantisch). Viele weitere Varianten bzw. Kombinationen. Das ‚+‘ am Ende soll deutlich machen, dass es noch viele weitere nicht heteronormative Lebensweisen gibt, die nicht in die jeweilige Buchstabenkombination eingeflossen, aber ebenfalls gemeint sind. Der ‚*‘ soll gelegentlich hinter einzelnen Buchstaben (zum Beispiel LSBT*I*Q) deutlich machen, dass das entsprechende Wort unterschiedlich enden kann (z.B. transgeschlechtlich, transsexuell etc.) oder dass die Grenzen zwischen den Kategorien fließend sind. Wenn die Buchstabenreihe als Adjektiv gemeint ist (lesbisch, schwul etc.), wird sie klein geschrieben, z.B. lsbtiqap+.

Mädchen: Kind bzw. Jugendliche, die sich als Mädchen versteht, umfasst trans, cis und inter* Mädchen. Vgl. zur Varianz der Selbstverständnisse von cis Menschen zwischen enthusiastischer Identifikation und eher körperbezogenen, pragmatischen oder politischen Selbstverständnissen den Eintrag cis Frau.

Mann: erwachsener Mensch der sich als Mann versteht, umfasst trans, cis und inter* Männer. Vgl. zur Varianz der Selbstverständnisse von cis Menschen zwischen enthusiastischer Identifikation und eher körperbezogenen, pragmatischen oder politischen Selbstverständnissen den Eintrag cis Frau.

Monogamie: Lebensweise, in der romantische und sexuelle Beziehungen nur mit einer Person auf einmal gelebt werden können. Sexualität mit oder Verliebtheit gegenüber anderen Menschen bedroht die monogame Beziehung und gilt, wenn ausgelebt, als Untreue oder Fremdgehen. Genau genommen ist Monogamie lebenslang ausgerichtet und bezieht sich vom Wortstamm her auf Ehen, wurde aber auch auf nicht-verheiratete Lebensformen ausgeweitet, vgl. auch serielle Monogamie.

Mono-Normativität: Die Norm, monogam zu leben. Die Diskriminierung von Menschen, die polyamor, in offener Beziehung und/oder promisk leben.

Monosexismus:

  • Privilegierung von monosexuellen/-romantischen Menschen, also Menschen, die sich nur zu Menschen eines Geschlechts hingezogen fühlen (heterosexuelle/-romantische Menschen, Schwule und Lesben) gegenüber bisexuellen/-romantischen, pansexuellen/-romantischen, polysexuellen und anderen Menschen, die sich zu Menschen mehrerer Geschlechter hingezogen fühlen. Privilegierung von als monosexuell/-romantisch konstruierten Eigenschaften/Verhaltensweisen/Geschmäckern etc. gegenüber als nicht monosexuell/-romantisch konstruierten Eigenschaften/ Verhaltensweisen/Geschmäckern.
  • Gewalt gegen und Abwertung bzw. Diskriminierung von bisexuellen/-romantischen, pansexuellen/-romantischen, polysexuellen und anderen Menschen, die sich zu Menschen mehrerer Geschlechter hingezogen fühlen.
  • Auch: Gewalt, Abwertung und Diskriminierung gegenüber Menschen mit Verhaltensweisen, Geschmäckern und Eigenschaften, die als nicht monosexuell/-romantisch gelten. Abwertung/ Erschwerung von Kontakten auf Augenhöhe zwischen monosexuellen/-romantischen und nicht monosexuellen/-romantischen Menschen (z.B. wenn Freund*innenschaften zwischen monosexuellen/-romantischen und bi- oder pansexuellen/-romantischen Menschen mit Misstrauen begegnet wird oder bi- bzw. pansexuelle/-romantische Menschen aus Bündnissen und/oder Räumen ausgeschlossen werden).

Begriffsverwechslungsgefahr: Bei Monosexismus geht es um sexuelle Orientierungen im Sinne der Frage, zu wievielen Geschlechtern sich ein Mensch hingezogen fühlt. Bei Mono-Normativität geht es um Beziehungsformen, nämlich die Privilegierung monogamer Lebensweisen. Es kann verwirren, dass beide Begriffe die Vorsilben mono beinhalten. Das hat damit zu tun, dass diese Begriffe mehrheitlich aktivistisch entstanden sind, also in Diskussionsprozessen nicht immer verbundener Lebenswelten, und nicht systematisch aus einer Hand entwickelt wurden.

nicht-binär: vgl. non-binary.

non-binary: geschlechtliches Selbstverständnis jenseits der binären Ordnung von männlich oder weiblich, zum Beispiel dazwischen oder jenseits von männlich oder weiblich, genderfluid oder agender. Non-binary wird oft als Überbegriff verschiedener nicht-binärer Identifikationen genutzt (zur Vertiefung: www.nonbinary.org).

offene Beziehung: meint meist eine Liebesbeziehung, in der ein Paar sich gegenseitig die Priorität gibt, aber auch Sex oder Liebschaften mit anderen Menschen erlaubt sind (in Abgrenzung zu Fremdgehen oder Untreue). Die Übergänge und Grenzziehungen zwischen offenen Beziehungen und Polyamorie/Polyamory sind fließend, zumal die letzteren Begriffe erst in den letzten Jahren zunehmend verwendet werden und es daher auch zum Teil Generationen-Unterschiede gibt.

pansexuell/panromantisch: sexuelle bzw. romantische Orientierung, die sich auf Menschen aller Geschlechter richtet bzw. andere Merkmale als das Geschlecht des Gegenübers für die Anziehung entscheidend findet. Die Abgrenzung von bisexuell/bi-romantisch ist fließend und wird je selbst definiert. Begriffsdiskussion: Manche Menschen bevorzugen den Begriff ‚pan‘, weil er ‚übergreifend‘ meint, während ‚bi‘ sich ethymologisch auf ‚zwei‘ bezieht. Vgl. auch Bisexualität/-Romantik. Verwandt: polysexuell.

polyamore Familie/Poly-Familie: Familie, die von einer polyamoren Lebensweise geprägt ist. Achtung Begriffsverwechslungsrisiko: Polyamorie ist nicht zu verwechseln mit der sexuellen Orientierung polysexuell.

Polyamorie/Polyamory/polyamor/polyamourös/poly:

Lebensweise, in der Menschen miteinander absprechen (also nicht: Fremdgehen oder Untreue), mit mehreren Menschen gleichzeitig verbindliche Liebes- und oder Sex-Beziehungen einzugehen/eingehen zu dürfen. Adjektiv: polyamor oder polyamourös. Es gibt verschiedene mögliche Arrangements, u.a. zu dritt/viert/xt monogam sein, Primärbeziehung(en) und Sekundärbeziehungen (hierarchisches Poly), mehrere voneinander unabhängige gleichberechtigte Liebesbeziehungen, Beziehungs-Anarchie (jede Beziehung inkl. Freund*innenschaft sich organisch entwickeln lassen, ohne sie per Label festzuschreiben) etc. 

Begriffsverwechslungsrisiko: Bei Polyamorie geht es um Beziehungsformen. Das ist nicht zu verwechseln mit der sexuellen Orientierung polysexuell, wo es darum geht, sich in Menschen mehrerer, aber nicht aller Geschlechter zu verlieben. Dass die Begriffe so ähnlich klingen und dabei verwirrend sein können, hat damit zu tun, dass sich Begriffe in Communities und Aktivismus teilweise parallel entwickeln und nicht systematisch abgrenzbar aus einer Hand definiert werden.

polysexuell (evtl. auch polyromantisch):

Menschen, die sich zu mehr als einem Geschlecht hingezogen fühlen, aber nicht zu allen Geschlechtern, z.B. zu Frauen und nicht-binären Menschen, aber nicht zu Männern etc. 

Begriffsverwechslungsrisiko: Hier geht es um eine sexuelle Orientierung, nämlich die Frage, für welche Geschlechter sich ein Mensch interessiert. In Abgrenzung dazu geht es bei Polyamorie um nicht-monogame Beziehungsformen. Eine polyamore Person kann entsprechend alle möglichen sexuellen und romantischen Orientierungen haben. Genauso wie eine polysexuelle Person monogam, als Single, in offener Beziehung oder polyamor leben kann. Wir haben den Begriff polyromantisch (also den Fokus auf romantische Orientierung hin zu mehr als einem, aber nicht allen Geschlechtern) in Klammern gesetzt, weil wir ihn bislang noch nicht als geläufig erleben und hier die Verwechslungsgefahr zu polyamor noch höher scheint. Dass die Begriffe manchmal verwirrend nah beieinander liegen, hat damit zu tun, dass sie sich oft in unterschiedlichen Communities/Aktivismen entwickelt haben und nicht systematisch aus einer Hand definiert wurden. Im Zweifel hilft es, nachzufragen wie ein Begriff gemeint ist.

Promiskuität: mit häufig wechselnden Menschen Sex haben. Adjektiv: promisk.

Queer:

ursprünglich und auch heute noch ein englischsprachiges Schimpfwort (schräg, falsch, komisch etc.) für alle, die nicht heterosexuell sind und/oder nicht in zweigeschlechtliche Normen passen. Der Begriff wurde während der AIDS-Krise der 1980er Jahre als Selbstbeschreibung und Bündnisbegriff jenseits getrennter Identitätspolitiken (v.a. separate Schwulen- und Lesben-Bewegungen) angeeignet. Er wird zum Teil als Sammelbeschreibung für alle verwendet, die nicht in heteronormative Ordnungen passen, zum Teil spezifischer für Menschen, die identitäre Zuweisungen kritisieren und sich aktiv gegen heteronormative Normierungen einsetzen, nicht nur für ein Stück Akzeptanz für die eigene Gruppe.

Begriffsdebatte: Manche Menschen lehnen die Bezeichnung für sich ab, weil sie das aus einem Gewaltkontext stammende Schimpfwort nicht aneignen wollen. Andere entscheiden sich dagegen, weil sie mit ihren beispielsweise lesbischen oder schwulen Identitäten sichtbar sein wollen und Sammelbeschreibungen kontraproduktiv finden. Eine weitere Kritik ist, dass die Etablierung eines im deutschsprachigen Raum nicht negativ konnotierten ‚coolen‘ englischsprachigen Begriffs die positive Aneignung von Wörtern, die im Deutschen häufig abfällig benutzt werden (u.a. schwul oder lesbisch), wieder zurückdrehen könnte. Dies wird, gerade von älteren Generationen, die viel erkämpft haben, zum Teil auch als Entsolidarisierung mit einer wert- und kraftvollen Bewegungsgeschichte empfunden. Zum Teil lehnen Menschen den Begriff aber auch ab, weil sie möglichst viel Normalität erreichen wollen und die Radikalität queerer Kritik an Identitätspolitiken, binären Unterscheidungen oder eher traditionellen Lebensweisen (z.B. Fokus auf Ehe) nicht teilen.

Queerfeindlichkeit: Gewalt, Abwertung und Diskriminierung gegen queere Menschen oder Menschen, die für queer gehalten werden. Wird entsprechend einer der Verwendungen von queer oft als Oberbegriff für Homofeindlichkeit, Schwulenfeindlichkeit, Lesbenfeindlichkeit, Bifeindlichkeit, Feindlichkeit gegen asexuelle und aromantische Menschen, Transfeindlichkeit und Inter*feindlichkeit verwendet. Vgl. auch Heteronormativität, Heterosexismus, Cis-Sexismus und Endosexismus.

questioning: der eigenen Identität oder Lebensweise (meistens: Geschlechtsidentität, romantischen oder sexuellen Orientierung) mit einer offenen Frage gegenüberstehen, entweder als Teil einer vorübergehenden und auf Klärung ausgerichteten Findungs-/Experimentierphase oder als grundsätzliche Haltung.

Regenbogenfamilie: Familienmodelle, in denen (manche oder alle) Elternteile nicht heteronormativ leben.

romantische Orientierung:

drückt aus, auf welches Geschlecht bzw. welche Geschlechter sich Verliebtheits-, Liebes- und Romantikgefühle richten (z.B. heteroromantisch, homoromantisch, biromantisch, panromantisch etc.) oder auch, dass kein amouröses/romantisches Begehren vorhanden ist (aromantisch). Dieser Begriff ist als Ergänzung zum Begriff der sexuellen Orientierung gemeint, um entlang des Split Attraction Model Fragen von Verlieben und Bindung differenziert von sexuellem Begehren thematisieren zu können. So können einerseits asexuelle Menschen ihre romantischen Orientierungen beschreiben. Andererseits kann die Unterscheidung allen Menschen eine differenziertere Betrachtung des Verhältnisses von sexueller zu romantischer Anziehung bei ihnen und anderen ermöglichen. Der Begriff stammt aus Debatten bzw. Entwicklungen im Aktivismus rund um Asexualität

Bzgl. des Split Attraction Model, also der Differenzierung zwischen romantischer und sexueller Orientierung ist aus unserer Sicht Folgendes zu beachten:

Die Differenzierung sollte immer nur selbstgewählt zur Selbstreflexion und/oder Selbstbeschreibung verwendet werden. Der Begriff der sexuellen Orientierung meint ursprünglich in schwulen, lesbischen, bi-/pansexuellen, queeren etc. Zusammenhängen alle Ebenen, also Liebe, Beziehungen, sexuelles Begehren, sexuelle Praxis, Bindung, Fürsorge, Familie etc., im Wissen darum, dass sich die Gewichtungen der Ebenen oder das Vorhandensein bestimmter Wünsche (z.B. Sex, Liebe, Familie etc.) und die damit verbundenen Praxen individuell unterscheiden können.

Der Begriff sexuelle Orientierung sollte daher nicht verallgemeinert in seiner Bedeutung auf sexuelles Begehren verengt werden. Einerseits aus Respekt vor den Communities, die ihn widerständig gegen heteronormative Ordnungen geprägt haben. Andererseits, um nicht den Coming-Out-Stress noch weiter zu erhöhen (also zu riskieren, dass Menschen, wenn sie sich outen, was ohnehin oft schon ein intimer und verletzlicher Prozess sein kann, dabei auch noch detaillierte und differenzierte Aussagen über Liebe, Sex etc. machen müssen). Die gesellschaftliche Sexualisierung von insbesondere Schwulen und Bisexuellen und die Reduzierung ihrer Lebensweise auf Sexuelles ist Teil der je spezifischen Diskriminierung (bei Lesben ist es ambivalenter zwischen pornografisierender Sexualisierung und Absprache einer eigenständigen Sexualität zwischen Frauen). Dies sollte nicht durch neue Begriffsprägungen noch verschärft werden.

Mit anderen Worten: Die Differenzierung zwischen sexueller und romantischer Orientierung sollte nur als Denk- und Kommunikationsangebot verwendet werden und nicht zu einer generalisierten Verengung des Begriffs der sexuellen Orientierung führen.

Sadomasochismus: vgl. BDSM.

schwul: Männer, die sich sexuell und/oder romantisch zu anderen Männern hingezogen fühlen, Jungen, die sich sexuell und/oder romantisch zu anderen Jungen hingezogen fühlen. Manchmal bezeichnen sich aber auch andere Menschen als schwul, die das als den passendsten Ausdruck für ihre Identität empfinden, z.B. trans Männer, die sich zu Frauen oder genderqueeren Menschen hingezogen fühlen, aber heterosexuell nicht als den passenden Ausdruck für sich empfinden (es gibt aber auch viele trans Menschen, die sich in einer solchen Konstellation als heterosexuell beschreiben).

Schwulenfeindlichkeit: Gewalt, Abwertung und Diskriminierung gegen Schwule bzw. Menschen, die als schwul gelesen werden (u.a. bi- oder pansexuelle Männer oder Jungen bzw. Männer, die aufgrund ihres Verhaltens für schwul gehalten werden). Schwulenfeindlichkeit ist Teil von Homofeindlichkeit, nimmt aber teils andere Formen als Lesbenfeindlichkeit an, z.B. durch den besonders häufigen Verdacht/Vorwurf sexualisierter Gewalt gegen Schwule oder durch oft besonders gewalttätige Sanktionen für das Nicht-Einhalten gesellschaftlich konstruierter Männlichkeitsnormen. Vgl. auch Heterosexismus, Heteronormativität, Queerfeindlichkeit und Bifeindlichkeit.

serielle Monogamie: Lebensweise, in der romantische und sexuelle Beziehungen nur mit einer Person auf einmal gelebt werden können. Wenn ein Teil des Paares sich verliebt oder eine andere Person sexuell begehrt, bedroht das die Beziehung und es besteht die Erwartung, dass die Person sich entscheidet. Wenn ein Teil des Paares Sex mit einer anderen Person hat oder eine Liebesbeziehung mit ihr beginnt, gilt das als Untreue bzw. Fremd-Gehen. ‚Seriell‘ meint, dass über das Leben hinweg eine monogame Beziehung auf die Nächste folgt, also nicht eine einzige lebenslange monogame Beziehung/Ehe geführt wird – bei manchen Menschen mit Pausen zwischen den Beziehungen, bei anderen nicht. Vgl. auch Monogamie.

sex (im englischsprachigen Sinne von Geschlecht): vgl. geschlechtliche Vielfalt.

Sexismus:

  • Privilegierung von Männern/Jungen gegenüber Frauen/Mädchen.
  • Gewalt gegen und Abwertung bzw. Diskriminierung von Frauen/Mädchen sowie von Menschen, die für Frauen bzw. Mädchen gehalten werden, weil sie für Frauen/Mädchen gehalten werden (z.B. trans oder inter* Jungen/Männer, nicht-binäre Menschen oder Inter*).
  • Geringerschätzung, Abwertung, Gewalt bzw. Diskriminierung gegenüber Verhaltensweisen, Geschmäckern und Eigenschaften, die als weiblich gelten (auch, oder sogar verstärkt, wenn diese von Menschen anderer Geschlechter gelebt werden, z.B. wenn Jungen gerne Rosa tragen oder Männer sich mehr um ihre Kinder kümmern als um ihre Karriere etc.). Privilegierung von Eigenschaften, die als männlich gelten, im Zugang zu Macht, Ressourcen, Status etc. (auch bei Frauen, die z.B. eine bestimmte Menge männlich konnotierter Eigenschaften performen müssen, um z.B. politisch oder beruflich in Leitungspositionen aufzusteigen). Vgl. Androzentrismus.
  • Auch Abwertung/Erschwerung von Kontakten auf Augenhöhe zwischen Jungen/Männern und Mädchen/Frauen (z.B. die Annahme Freund*innenschaften zwischen Männern und Frauen seien nicht möglich oder immer sexuell, Abwertung von z.B. Jungen, die Freund*innenschaften mit Mädchen haben, Abwertung von Männern, die gleichberechtigte Beziehungen mit ihren Partnerinnen führen oder Fürsorge-Arbeiten übernehmen, etc.).
  • Sexismus ist verankert in einer langen Geschichte patriarchaler Ordnung und verschränkt mit unter anderem ökonomischer Ungleichheit und einer durch die jahrhundertelange rechtliche Diskriminierung von Frauen geprägte Kultur. Feindliche individuelle Einstellungen gegenüber Männern bzw. Jungen, die nicht auf einer sexistischen Abwertung als ‚unmännlich‘ empfundener Eigenschaften oder Verhaltensweisen basieren, funktionieren anders und bedürfen einer Benennung, die entsprechende Spezifika fasst und nicht mit Sexismus gleichsetzt (z.B. Männerfeindlichkeit zur Beschreibung einer individuellen Einstellung, die aber nicht in der Struktur unserer Gesellschaft wirtschaftlich etc. verankert ist).

sexuelle Orientierung:

sexuelle Vielfalt:

drückt aus, dass sich sexuelles Begehren auf verschiedene Geschlechter richten kann (z.B. heterosexuell, homosexuell, bisexuell, pansexuell, queer etc.) bzw. mit verschiedenen Geschlechtern sexuelle Praxen gelebt werden können (vgl. sexuelle Orientierung). Des Weiteren wird darunter infolge asexueller Interventionen in den Diskurs auch die Frage gefasst, ob und in welchem Maße eine Person sexuelles Begehren entwickelt (Allosexualität, Demisexualität, Graysexualität, Asexualität). Wenn nicht zwischen einerseits sexueller und andererseits amouröser Vielfalt differenziert wird (vgl. sexuelle Orientierung), dann umfasst der Begriff auch die unter amouröser Vielfalt bzw. romantischer Orientierung genannten Aspekte. Diese Differenzierung ist eine neue Entwicklung aus asexuellen Kreisen. Meist werden daher unter dem Begriff sexuelle Vielfalt alle sexuellen, romantischen bzw. amourösen Aspekte gemeint.

Des Weiteren können in einem erweiterten Verständnis (vgl. den untenstehenden Text für die Frage, in welchem Kontext wir eher ein Verständnis im engeren Sinne oder ein erweitertes Verständnis nutzen/empfehlen) je nach Fragestellung/Anliegen folgende Aspekte unter sexuelle Vielfalt gefasst werden: Solo-Sex oder Sex mit anderen, Sex in Partnerschaften und/oder außerhalb von Partnerschaften (u.a. auch Promiskuität), Sex mit einer oder mit mehreren Personen, BDSM bzw. Vanilla, andere Fragen sexueller Präferenzen und/oder Praxen.

Welche dieser Aspekte besprochen werden können, variiert je nach Zielgruppe. Alle Inhalte sollten nur in zielgruppengerechter Form bearbeitet werden. Zunächst kommt der Begriff aus den Kämpfen von Schwulen, Lesben, Bisexuellen, Pansexuellen und Queers (später erweitert um die Kämpfe von Asexuellen) und sollte die Kämpfe um deren Rechte priorisieren.

Klar zu trennen ist zwischen einvernehmlichem Sex (Konsens) und sexualisierter Gewalt, also sexuellen Handlungen, die ohne Einvernehmen bzw. mit einer nicht konsensfähigen Person (z.B. Kindern gegenüber Erwachsenen aufgrund von Macht- und Abhängigkeitsgefällen) stattfinden. Sexualisierte Gewalt klammern wir aus dem Begriff der sexuellen Vielfalt aus. Sexuelle Vielfalt beinhaltet in unserer Definition ausschließlich Präferenzen und Praxen rund um Sexualität, die einvernehmlich mit einer zustimmungsfähigen Person verwirklicht werden können. Gewalttätige Begehren und Taten bedürfen einer getrennten und spezialisierten Thematisierung.

Vgl. ausführlicher: Debus, Katharina/Laumann, Vivien (2018): LSB-was? Geschlechtliche, amouröse und sexuelle Vielfalt – Einführung und Spannungsfelder. In: Dies. (Hrsg.): Pädagogik geschlechtlicher, amouröser und sexueller Vielfalt. Zwischen Sensibilisierung und Empowerment. Berlin: Dissens – Institut für Bildung und Forschung. S. 12-70. https://interventionen.dissens.de/materialien/handreichung.

Grafik zu geschlechtlicher, amouröser und sexueller Vielfalt unter https://katharina-debus.de/material/grafiken/geschlechtliche-amouroese-und-sexuelle-vielfalt/.

SM: vgl. BDSM.

trans, trans*, transgender, transgeschlechtlich, transident, transsexuell:

Menschen, deren geschlechtliches Selbstverständnis nicht dem Geschlecht entspricht, das ihnen bei der Geburt zugewiesen wurde.

Trans Menschen können verschiedene Geschlechtsidentitäten/geschlechtliche Selbstverständnisse haben/leben, vgl. trans Junge, trans Mann, trans Frau, trans Mädchen, nicht-binär/enby/non-binary, weder-noch, genderqueer, agender und genderfluid.

Auch Inter* können trans sein, wenn sie ein anderes geschlechtliches Selbstverständnis haben, als das Geschlecht, das ihnen durch Eltern und/oder Medizin etc. zugewiesen wurde, und den Begriff trans eine passende Beschreibung für diese Erfahrung finden.

Manche trans Menschen empfinden ihren Körper als falsch (körperliche Geschlechtsdysphorie) und streben eine (teilweise oder umfänglichere) körperliche Angleichung an. Andere trans Menschen empfinden ihren Körper als richtig und haben vor allem Probleme damit, wie gesellschaftlich von ihrem Körper auf ihr Geschlecht geschlossen wird (soziale Geschlechtsdysphorie). Manche streben körperliche Angleichungen an (möglich u.a.: Hormone, Operationen), andere nicht.

adjektivische Verwendung (z.B. trans Mädchen): 

Im Aktivismus werden mittlerweile frühere Schreibweisen wie Transfrau, Trans-Mann oder Ähnliches abgelehnt, weil diese Schreibweisen den Trans-Begriff zu einem Teil der zentralen Geschlechtsidentität machen, was für das Selbstverständnis vieler trans Menschen nicht zutrifft. Die adjektivische Schreibweise (also trans als Adjektiv vorauzuschicken, so wie auch andere Eigenschaften, z.B. groß oder neugierig, also beispielsweise: trans Frau, trans Junge, trans Menschen etc.) bildet eher ab, dass aus Sicht vieler trans Menschen ihr (Nicht-)Geschlecht zentral ist (Mädchen, Mann, Enby etc. oder kein Geschlecht bei agender Menschen) und der Aspekt trans nur eine spezifische Erfahrung abbildet, die nicht bzw. nur in spezifischen Situationen in den Fokus gerückt werden sollte.

Begriffsdebatte:

Die Verwendung der Begriffe ist umstritten. Viele trans Menschen lehnen den Begriff ‚Transsexualität‘ prinzipiell als pathologisierend ab, da der Begriff in den diagnostischen Manuals zur Diagnose von psychischen Störungen genutzt wird und aus einer Pathologisierungsgeschichte stammt. Die weiteren Begriffe (trans, transident, trans*, transgender etc.) verfolgen, zusätzlich zur Ablehnung pathologisierender Begriffe, die Abgrenzung vom Sexualitätsbegriff, der im Deutschen das Missverständnis nahelegen kann, trans zu sein, habe in irgendeiner Form mit sexuellem Begehren bzw. sexueller Orientierung zu tun (hat es nicht!). Zum anderen legen manche Menschen, die die Begriffe trans*, transgender, transgeschlechtlich oder transident bevorzugen, einen stärkeren Fokus auf politische Dimensionen von Geschlechterverhältnissen (Heteronormativitäts- und Zweigeschlechtlichkeitskritik etc.). Aber auch dies ist bei weitem nicht einheitlich.

Es gibt andererseits auch Menschen bzw. einzelne aktivistische Gruppen, die sich als transsexuell bezeichnen und sich deutlich von jeglicher Sammelbeschreibung mit anderen Formen, trans* zu sein, abgrenzen. Dabei gibt es keine einheitlich akzeptierte Abgrenzung der Begriffe. Tendenziell wird in Community-Kontexten jedoch der Begriff ‚transsexuell‘ eher für Menschen verwendet, die eine operative Angleichung des Körpers anstreben oder umgesetzt haben. Mindestens eine Fraktion, die alle anderen Beschreibungen jenseits von transsexuell für sich ablehnt, beschreibt Transsexualität als körperliches Phänomen einer Nicht-Übereinstimmung von Gehirn und anderen Körperteilen und lehnt mit dieser Begründung Begriffe/Verständnisse wie ‚Geschlechtsidentität‘ oder ‚psychisches Geschlecht' strikt ab.

Trans* mit * (ursprünglich offenbar eine erklärende Fußnote zu verschiedenen Begrifflichkeiten in einem Text, dann verbreitet genutzt, weil es auch zur Verwendung in den Bibliothekswissenschaften passt, wo durch ein Sternchen am Ende des Wortstamms alle Begriffe gesucht werden, die mit diesem Wortstamm beginnen) wird oft als Überbegriff für alle genannten Begriffe verwendet, dabei soll der Stern auch die Vielfalt von trans Erfahrungen ausdrücken. Allerdings assoziieren einige der obenbeschriebenen transsexuellen Aktivistinnen den Stern mit Positionen, die die gesellschaftliche Konstruiertheit von Geschlecht betonen, was sie ablehnen. So war der Stern nach unserem Wissensstand nicht gemeint, er würde gerade auch die Endung ...sexuell sowie verschiedene Verständnisse mit abdecken. Aber um im Umgang mit dieser Kontroverse einen Überbegriff zu finden, der einen Kompromiss zwischen verschiedenen trans-aktivistischen Positionen darstellt, haben sich einige Autor*innen und Aktivist*innen entschieden, derzeit trans ohne Stern als Überbegriff zu verwenden. Wir haben uns mit dieser Überarbeitung des Glossars dazu entschieden, diesen Schritt vorläufig mitzugehen, um die verschiedenen Verständnisse besser abbilden zu können und Selbstbeschreibungen ernstzunehmen, auch wenn das unseres Erachtens auf einer Fehlinterpretation der *-Schreibweise beruht.

Eine weitere Kritik an der Verwendung des ‚trans‘-Begriffs bezieht sich auf die Frage, inwiefern die Unterscheidung zwischen trans und cis per se diskriminierend ist. Es gilt, sorgsam zu erwägen, wann eine solche Unterscheidung notwendig ist (z.B. zur Benennung von Diskriminierung) und wann sie diskriminierend ist und besser ohne Differenzierung von Männern, Frauen, Jungen, Mädchen und Enbys etc. gesprochen werden sollte.

Transfeindlichkeit/Trans*feindlichkeit: Gewalt gegen, Abwertung und Diskriminierung von trans Menschen. Transfeindlichkeit kann sich gegen reale trans Menschen richten oder gegen Menschen und Verhaltensweisen, die als trans gelesen werden. Andere Begriffe: Trans*phobie, Transphobie, trans*feindliche/transfeindliche Diskriminierung. Vgl. auch Cis-Sexismus.

trans Frau/trans* Frau: erwachsene Person, die von sich weiß, dass sie eine Frau ist, die aber bei Geburt als Junge eingeordnet wurde. Früher auch Schreibweise Transfrau oder Trans-Frau, vgl. zur Kritik an diesen Schreibweisen und der heutigen adjektivischen Verwendung von trans den Eintrag trans.

trans Junge, trans* Junge: Kind bzw. Jugendlicher, der von sich weiß, dass er ein Junge ist, der aber bei Geburt als Mädchen eingeordnet wurde. Früher auch Schreibweise Transjunge bzw. Trans-Junge, vgl. zur Kritik an diesen Schreibweisen und der heutigen adjektivischen Verwendung von trans den Eintrag trans.

trans Mädchen, trans* Mädchen: Kind bzw. Jugendliche, die von sich weiß, dass sie ein Mädchen ist, die aber bei Geburt als Junge zugeordnet wurde. Früher auch Schreibweise Transmädchen oder Trans-Mädchen, vgl. zur Kritik an diesen Schreibweisen und der heutigen adjektivischen Verwendung von trans den Eintrag trans.

trans Mann, trans* Mann: erwachsener Mensch, der von sich weiß, dass er ein Mann ist, der aber bei Geburt als Mädchen zugeordnet wurde. Früher auch Schreibweise Transmann oder Trans-Mann, vgl. zur Kritik an diesen Schreibweisen und der heutigen adjektivischen Verwendung von trans den Eintrag trans.

Tunte: Der Begriff bezeichnet oft in abwertender Weise Schwule insgesamt. Er wird darüber hinaus (auch innerhalb schwuler Szenen) abwertend genutzt, um Schwule oder allgemein als Männer gelesene Menschen zu bezeichnen, die sich weiblich konnotierter Stilmittel bedienen. Einige politische schwule Kontexte haben den Begriff empowernd angeeignet zur Abgrenzung von traditionellen Männlichkeitsnormen im heterosexuellen Kontext und in schwulen Szenen. In diesem Rahmen kann er einerseits eine Inszenierung/Verhaltensweise und andererseits auch eine Identität beschreiben, die entweder gleichzeitig mit einer anderen Geschlechtsidentität existiert (z.B. Tunte und Mann) oder aber auch als primäre Identität. Wegen des abwertenden Kontexts sollte 'Tunte' nicht als Fremdbezeichnung eingesetzt werden.

Vanilla: Gegenüberbegriff zu BDSM/Kink, abgeleitet von der Tatsache, dass offenbar die beliebteste Eissorte Vanille ist. Vanilla ist der Begriff, der die sexuellen Vorlieben der Mehrheit beschreiben soll, bzw. in Abgrenzung zu BDSM (Vorlieben für) Sex, der nicht (oder zumindest nicht konsensuell) mit Restriktion, Machtgefällen, Lustschmerz oder anderen kinky Praktiken spielt. Er wird auch zur Beschreibung von Menschen verwendet, die nicht kinky sind (Vanillas). Der Begriff ist eine Alternative zu auch verwendeten und häufig weniger gleichwertig empfundenen oder gemeinten Begriffen wie stino (stinknormal) oder 0815. Alternativ auch: Blümchen-Sex.

Varianten der Geschlechtsentwicklung: siehe Inter*.

weder-noch: neuere deutschsprachige Alternative zu genderqueer bzw. non-binary, in unserer Wahrnehmung eher selten verwendet.

z-sexuell/zsexuell/z-romantisch/zromantisch: neuere Begriffe alternativ zu allosexuell/alloromantisch für den Gegenpol zu asexuell/aromantisch, entlang der Buchstaben A und Z des Alphabets als zwei Enden eines Spektrums. Z-sexuelle Menschen wären in diesem Sinne Menschen, die sexuelle Anziehung für Andere mindestens in dem in der Gesellschaft als durchschnittlich geltenden Maße empfinden, z-romantische Menschen wären Menschen, sie sich mindestens im als durchschnittlich geltenden Maße in andere verlieben. Begriffsdebatte: Eine Kritik an den Allo-Begriffen bezieht sich darauf, dass diese im klinischen Bereich als Gegenpol zu ‚autosexuell‘ verwendet werden. Eine andere Kritik hat mit der Assoziation mit Dinosauriern (Allosaurus) zu tun.

Zustimmungsprinzip: vgl. Konsens.

Zweigeschlechtlichkeit (auch Kultur/System der Zweigeschlechtlichkeit): Kultur, die nur zwei Geschlechter als ‚normal‘, ‚gesund‘, ‚natürlich‘ oder ‚wünschenswert‘ anerkennt und andere diskriminiert, verbesondert, exotisiert, pathologisiert, ihnen mit Gewalt begegnet bzw. sie zu verhindern und/oder vernichten sucht (vgl. Inter*feindlichkeit, Trans*feindlichkeit, Cis-Sexismus, Endo-Sexismus). In einer Kultur/einem System der Zweigeschlechtlichkeit werden darüber hinaus auch eine große Bandbreite an Eigenschaften, Tätigkeiten, Berufen, Kompetenzen, Interessensfeldern etc. vergeschlechtlicht und einem der beiden anerkannten Geschlechter zugeordnet.